Rhein-Erft-Kreis – Wegen des Fachkräftemangels in der Pflege geht der Caritasverband Rhein-Erft weite Wege: In einem Pilotprojekt holte man im Februar fünf junge Leute aus Marokko zur Ausbildung als Pflegefachfrau beziehungsweise Pflegefachmann an die Pflegeschule des Verbandes in Hürth. Inzwischen haben sich die Azubis eingelebt. Der Alltag hielt jedoch einige Überraschung für die Neuankömmlinge bereit. Weitere Azubis aus dem Ausland könnten bald folgen.
„Die Menschen in Deutschland sind einfach etwas anders als in Marokko“, sagt die 24-jährige Najoua Ourezzouq. In ihrem Heimatland gehe alles schnell sehr herzlich zu. In Deutschland seien die Leute eher ruhig, zurückhaltend, höflich. „Das ist auch schön“, so Ourezzouq, doch für die fünf sei das zu Beginn eine Umstellung gewesen. Umstellen mussten sich die jungen Leute auch beim Wetter. Die Durchschnittstemperatur im marokkanischen Winter beträgt gut 16 Grad. Kein Vergleich zu den Temperaturen, als die Gruppe Ende Februar in Deutschland ankam. „Wir haben richtig gefroren“, schmunzelt Zerriq Yahya (23 Jahre).
Viel Unterstützung haben die jungen Leute seitdem von der Caritas bekommen. Der Verband half bei der Wohnungssuche und Behördengängen. Ehrenamtliche, sogenannte Willkommenslotsen, unterstützen bei der Bewältigung des Alltags, beantworten Fragen rund um das Leben in Deutschland und organisieren gemeinsame Ausflüge wie etwa nach Köln und zum Kölner Dom.
„Auszubildende oder Fachkräfte in der Pflege zu bekommen, ist in Deutschland aktuell einfach schwierig“, erzählt Tarik Bajja, der gemeinsam mit Joanna Schampera, der Leiterin der Caritas Pflegeschule Rhein-Erft, das Projekt leitet. Deshalb kam der Leiter des Seniorenzentrums St. Ursula in Hürth auf die Idee, seine marokkanische Wurzeln und Verbindungen zu nutzen. Er stellte den Kontakt zur Deutschen Schule in Marokkos Hauptstadt Rabat sowie einer Krankenpflegeschule in Kenitra her. Alle fünf Azubis konnten sich bereits vor Abflug auf Deutsch verständigen. „Das ist eine wichtige Voraussetzung. Sonst würde das Projekt nicht funktionieren“, so Bajja weiter.
Zukünftig will der Verband seine Bemühungen im Ausland weiter ausbauen. Ziel sei es, so Bajja, jährlich zehn Azubis aus Marokko nach Hürth zu holen. Auch für die einjährige Ausbildung zur Pflegefachassistenz suche man Bewerber. Zudem schaue der Verband in andere Länder. Es gebe bereits Verbindungen nach Bosnien, Spanien, Rumänien und Kenia. „Wir müssen aber sehen, was sich daraus ergibt“, so der Projektleiter. Denn Voraussetzung seien immer sprachliche und fachliche Vorkenntnisse.
Mit dem Start der fünf Azubis ist der Verband sehr zufrieden. Die ersten Klausuren sind gut bis sehr gut ausgefallen und die jungen Leute fühlen sich wohl. Gerade um Letzteres bemüht sich die Caritas sehr, denn die Azubis sollen nach ihrer dreijährigen Ausbildung bleiben. Bisher scheint diese Rechnung aufzugehen. Alle Azubis können sich vorstellen, auch später bei der Caritas Rhein-Erft zu arbeiten. Das ist Musik in Bajjas Ohren: „Fünf von fünf, das wäre eine super Quote“, so der Projektleiter.
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Der Caritasverband Rhein-Erft-Kreis e. V. ist Träger von rund 70 Diensten und Einrichtungen rund um ambulante und stationäre Pflege, Familien-, Kinder- und Jugendhilfe sowie Beratungsdienste. Neun Seniorenzentren betreibt der Verband im Kreisgebiet. Mit über 1.600 Mitarbeitenden gehört er zu den größten Arbeitgebern im Rhein-Erft-Kreis. Hinzu kommen rund 1.000 Ehrenamtler. Damit ist der Caritasverband zugleich der größte Wohlfahrtsverband im Rhein-Erft-Kreis.
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Projektleiter Tarik Bajja (rechts) mit den fünf marokkanischen Azubis der Caritas-Pflegeschule Rhein-Erft.
Foto: Caritasverband Rhein-Erft e. V./Abdruck honorarfrei