Marokko-Projekt: Caritas zieht positive Zwischenbilanz

18.07.24, 10:00
Carsten Preis
240601_Marokko-Projekt_mr (c) Carsten Preis

Rhein-Erft – Der Fachkräftemangel in Deutschland gilt als eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft könnten deutschlandweit allein in der stationären Versorgung bis zum Jahr 2035 rund 307.000 Pflegekräfte fehlen. Die Caritas Rhein-Erft versucht, dieser Herausforderung auf unterschiedlichen Wegen zu begegnen. Neben einem Neubau der verbandseigenen Pflegeschule und der Verdoppelung der Ausbildungskurse wirbt sie um Azubis und Pflegefachkräfte in Marokko. Nach rund zweieinhalb Jahren des Marokko-Projektes ziehen die Verantwortlichen eine positive Bilanz. Doch Herausforderungen waren und sind weiterhin zu meistern. 

„Das Marokko-Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir durch gezielte Maßnahmen und internationale Kooperationen langfristig erfolgreich sein können“, betont Dr. Petra Rixgens, Vorstandsvorsitzende der Caritas Rhein-Erft. Knapp 40 junge Leute aus Marokko konnte die Caritas Rhein-Erft seit Februar 2022 in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt im Rhein-Erft-Kreis integrieren. 

Projektverantwortliche der Caritas besuchen dabei mehrmals im Jahr deutsche Sprach- und Pflegeschulen in Marokko, knüpfen dort Netzwerke, helfen beim Beschaffen von Visa und bei Behördengängen und organisieren die Anreise. In Deutschland angekommen, kümmert sich vor allem Projektkoordinatorin Jihane Riad um die Neuankömmlinge: Sie hilft bei der Wohnungssuche, bei den ersten Schritten in die deutsche Gesellschaft und Kultur oder beim Bilden von Lerngruppen. 

„Leicht ist das nicht, aber wir unterstützen, wo wir nur können“, sagt die 32-Jährige. Jihane Riad hat den Weg der Neuankömmlinge selbst vor einigen Jahren zurückgelegt – jedoch ohne Unterstützung. Sie hatte in Marokko einen Studiengang im Bereich des Gesundheitswesens belegt und eine Ausbildung in Biologie und Informatik absolviert – jedoch ohne Anerkennung in Deutschland. Über Dortmund und Würselen, wo sie die Ausbildung zur Pflegefachkraft absolvierte, kam sie schließlich in den Rhein-Erft-Kreis. 

Dabei traten jede Menge Unterschiede zu Tage, an die es sich zu gewöhnen galt. Ein großes Ärgernis: „Bei Ämtern und Behörden geht in Deutschland fast nichts kurzfristig“, sagt sie. Das häufige Warten führe oft zu Miss- und Unverständnis bei ihren Landsleuten. Missverständnisse gebe es auch auf anderen Gebieten: Umarmungen seien in Deutschland nur zwischen Menschen üblich, die sich gut kennen, in Marokko jedoch auch zwischen nahezu Fremden – genau wie Hand-in-Hand spazieren gehen, auch zwischen Männern. „In Deutschland ist das ja ein Zeichen für eine Beziehung“, schmunzelt Jihane Riad. 

Der Einsatz für die Projektverantwortlichen ist hoch. Jihane Riad saß schon manches Mal mit Azubis bis spät in der Nacht zusammen und half beim Lernen. Mit Erfolg: „Es ist inspirierend zu sehen, wie motiviert und engagiert unsere neuen Auszubildenden und Fachkräfte sind. Sie schreiben nicht nur gute Noten in unserer Schule und zeigen gute Leistungen in unseren Einrichtungen, sondern sind auch eine kulturelle Bereicherung für unsere Gemeinschaft“, betont Tarik Bajja, Leiter des Bereichs Pflege bei der Caritas Rhein-Erft. 

„Das Projekt ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Baustein für die Caritas Rhein-Erft, um Personal in der Pflege auszubilden, zu finden und zu binden,“ betont er. 2025 werden die ersten Auszubildenden ihre dreijährige Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann abschließen. Alle wollen längerfristig bei der Caritas Rhein-Erft bleiben. 

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Der Caritasverband Rhein-Erft-Kreis e. V. ist Träger von rund 70 Diensten und Einrichtungen rund um ambulante und stationäre Pflege, Familien-, Kinder- und Jugendhilfe sowie Beratungsdienste. Neun Seniorenzentren betreibt der Verband im Kreisgebiet. Mit über 1.700 Mitarbeitenden gehört er zu den größten Arbeitgebern im Rhein-Erft-Kreis. Hinzu kommen rund 1.000 Ehrenamtler. Damit ist der Caritasverband zugleich der größte Wohlfahrtsverband im Rhein-Erft-Kreis. 

Bildzeile: 

Knapp 40 junge Leute aus Marokko konnte die Caritas Rhein-Erft für den hiesigen Arbeits- und Ausbildungsmarkt gewinnen. Im Foto hinten Mitte: Tarik Bajja, Fachbereichsleitung Pflege (schwarzes Jackett), Jihane Riad, Projektkoordinatorin, weißes T-Shirt, und Dr. Petra Rixgens, Vorstandsvorsitzende (schwarzes Jackett, graue Bluse). 

Foto: Carsten Preis / Abdruck honorarfrei 

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